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Schi­zo­phre­nie

Psychose

Beschreibung der Symptome

Diagnose

Für die Diagnose Schizophrenie müssen psychotische Symptome vorhanden sein. Die Symptome einer Psychose werden positive Symptome genannt, weil sie dem gesunden Erleben etwas neues hinzufügen. In rund 3/5 der Fälle bleiben nach dem Abklingen der akuten Psychose einige Symptome zurück, die als negative Symptome bezeichnet werden, weil sie zum gesunden Verhalten und Erleben ein Defizit darstellen. (Häfner 2000)

Die Schizophrenie beginnt meist in der Adoleszenz oder im jungen Erwachsenenalter. Männer erkranken am häufigsten im Alter von 20 – 25, Frauen ungefähr fünf Jahre später, das hängt mit dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen zusammen. In mehr als zwei Drittel aller Fälle schizophrener Erkrankungen geht dem Höhepunkt der ersten psychotischen Episode eine mehr als ein Jahr dauernde Entwicklungsphase voraus, die Prodomalphase genannt wird. Nur bei ca. 18% der Erkrankten kommt es zu einem akuten Ausbruch der psychotischen Symptomatik. Es gibt auch seltener Spätschizophrenien mit Krankheitsausbruch jenseits des 40. Lebensjahrs, diese sind bei Männern seltener als bei Frauen. (ebd.)

Positive Symptome

Während einer psychotischen Phase ist die innere und äußere Wahrnehmung verändert:

Das formale und inhaltliche Denken ist gestört, oft kommen Halluzinationen hinzu. Meistens tritt Wahn auf, d.h. die Denkinhalte sind ungewöhnlich und es sind irrationale Überzeugungen vorhanden. Der formale Denkvorgang ist ebenfalls gestört, die Herrschaft über das eigene Ich geht verloren, die Betroffenen machen die Erfahrung, ihre Gedanken werden beeinflusst oder gemacht. Halluzinationen treten meistens in akustischer Form auf. (ebd.)

Die emotionale und kognitive Kommunikationen ist deshalb meistens gestört, häufig kommt auch eine Veränderung des Ausdrucks und Verhaltens hinzu. (ebd.)

Wahn und Halluzinationen haben meistens eine verstehend nachvollziehbare persönliche Sinnhaftigkeit für den Betroffenen. (ebd.)

Negative Symptome

Die negativen Symptome treten erstmalig in der Prodomalphase auf und bleiben nach dem Abklingen der akuten Psychose in unterschiedlichem Ausmaß weiter bestehen. Wenn ein Betroffener negative Symptome zurückbehält, wird von chronischer Erkrankung gesprochen. Nur bei etwa 20% der Betroffenen heilt die Ersterkrankung folgenlos aus. (ebd.)

Eine Chronifizierung der Schizophrenie kann diagnostiziert werden, wenn eine Verminderung von Bewegung, Mimik, Sprache, Motivation (Antrieb), Initiative, Kreativität und Gefühlsintensität affektive Verflachung) vorhanden ist. (ebd.)

Objektive Denkstörungen sind außerhalb psychotischer Episoden seltener, es können sogenannte Residualstadien zurückbleiben, d.h. die Äußerungen in Wort und Schrift sind teilweise noch gelockert, unzusammenhängend oder verworren. Eine chronische Wahnentwicklung ist in jüngeren Lebensaltern selten, aber bei Erkrankungen jenseits des 60. Lebensjahrs treten chronische systematisierte paranoide Wahnsymptome häufiger auf. (ebd.)

Die Negativsymptomatik ist mit kognitiver Beeinträchtigung und bei höherem Ausmaß mit sozialer Behinderung verbunden. Für das berufliche und soziale Schicksal der Betroffenen ist die Negativsymptomatik wesentlich folgenschwerer als die psychotische Episode. (ebd.)

Formale Denkstörungen

Die einfachste Form der formalen Denkstörungen ist das Abreißen eines Gedanken. Die Gedankenabrisse werden von den Betroffenen oft wahnhaft interpretiert. Von Gedankenflucht oder Ideenflucht wird gesprochen, wenn der Denkvorgang durch viele neue, meist tangentiale Einfälle unterbrochen wird und der rote Faden verloren geht. Wenn der logische Zusammenhang des Gedankenganges verloren geht, wird von Inkohärenz gesprochen. Bei schweren Störungsmustern wird von Zerfahrenheit gesprochen, wenn der grammatikalische Zusammenhang verloren geht und die Sprache keinen nachvollziehbaren Zusammenhang mehr Vermitteln kann. Neologismen sind Wortneubildungen aus sinnlosen Silben oder aus nicht zusammenpassenden Wortelementen. (ebd.)

Wahn

Wahn kann definiert werden als eine falsche Überzeugung, die durch keinerlei reale Erfahrung oder konkrete Evidenz gestützt wird. (ebd.)

Der häufigste Wahninhalt ist paranoider Wahn, d.h. die Überzeugung zu haben, beobachtet, verfolgt oder schlechtgemacht zu werden oder in vielfältiger Hinsicht geschädigt oder gar mit dem Tod bedroht zu sein. Paranoider Wahn kommt auch außerhalb von Schizophrenie vor, z.B. Eifersuchtswahn oder bei paranoider Persönlichkeitsstruktur. Bei Beziehungswahn erlebt die betroffene Person Sachverhalte, die beobachtet werden, in unmittelbarer Beziehung zu sich selbst, obwohl sie nichts mit der betreffenden Person zu tun haben. Hingegen tritt der Wahn, von außen kontrolliert zu werden, nur bei Schizophrenie auf. Hierbei hat jemand das Erlebnis, die eigenen Gedanken würden von äußeren Mächten beeinflusst, hervorgebracht oder abgezogen. Die Vorstellung, in Gedankenübertragung mit anderen Menschen im passiven oder aktiven Sinne zu stehen, ist typisch für schizophrene Störungsmuster und kann als Erklärungswahn für die Denkstörung verstanden werden. (ebd.)

Emotional sind Wahnvorstellungen meistens in erheblichem Umfang mit starken Angstgefühlen verbunden. Aus diesem emotionalen und motivationalen Hintergrund können ungewöhnliche oder gefährliche Handlungen begangen werden. (ebd.)

Mit der Zeit wird der Wahn zu rational durchkonstruierten Wahngebäuden ausgebaut, es wird dann von systematisiertem Wahn gesprochen. Diese Wahngebäude bestehen aus logisch oder irrational verknüpften Bestandteilen der primären Wahnideen, die als erklärende Konstruktionen vernünftige realitätsnahe Argumentationsbrücken enthalten. Als bedrohende Macht im Zentrum wird häufig eine Institution gesehen, die auch im normalen Leben mit Misstrauen beäugt wird, etwa ein Geheimdienst, eine Sekte oder eine andere undurchschaubare und mächtige Organisation. (ebd.)

Positive Wahninhalte sind deutlich seltener. Bei Größenwahn haben Menschen die Überzeugung, zu höherem berufen und mit überirdischen Kräften ausgestattet zu sein. Sie glauben, anderen Menschen die eigenen Gedanken eingeben zu können oder andere Menschen durch überirdische Macht ihrer Gedanken in ihren Handlungen zu lenken. Andere sind überzeugt, das Wetter beeinflussen zu können oder in unmittelbarer Gedankenverbindung mit Gott oder lebendigen Wesen auf einem anderen Stern zu stehen. Liebeswahn wird die Überzeugung genannt, von einem Menschen geliebt zu werden, der seinerseits keinerlei Neigung dazu hat. (ebd.)

Halluzinationen

Am häufigsten sind akustische Halluzinationen, sie treten meistens in Form von Stimmenhören auf. Hierbei hört der Betroffene Kommentare zum eigenen Handeln, Verhalten oder Denken. Es kann auch eine Konversation zweier Stimmen im Sinne von Rede und Gegenrede wahrgenommen werden. Die Stimmen vermitteln oft negative Inhalte wie Anklagen, Beschimpfungen und entwertende Kommentare, es gibt aber auch gute Stimmen. Wenn befehlende Stimmen auftreten, besteht die Gefahr , dass sie zu Selbstschädigung oder Selbsttötung auffordern. (ebd.)

Von Gedankenlautwerden wird gesprochen, wenn die eigenen Gedanken als akustische Wahrnehmung gehört werden. Bei einem Gedankenecho wird unmittelbar nach dem eigenen Gedanken derselbe Inhalt ein zweites Mal als Stimme gehört. Akustische Halluzinationen können auch in Form von Geräuschen, Musik, einfachen Tönen oder unklaren menschlichen Äußerungen wahrgenommen werden. (ebd.)

Visuelle Halluzinationen sind deutlich seltener und treten meistens im Zusammenhang mit akustischen Halluzinationen auf. (ebd.)

Taktile, Geruchs- und Geschmackshalluzinationen sind ebenfalls seltener und häufig in wahnhaftes Erleben integriert, z.B. Vergiftungswahn. (ebd.)

Affektivität

Während einer akuten psychotischen Episode sind die Gefühle, Affekte und Stimmung häufig zu gesteigerter Intensität hin verändert. Die Affektivität ist oft inadäquat (Parathymie), d.h. Stimmungslage und gegenwärtige Situation passen nicht zusammen. Der Affektausdruck der betroffenen Person in Mimik, Gestik und Sprechweise kontrastiert mit dem, was die Person erlebt oder sagt. Auch das schizophrene Wahnerleben ist oft stimmungsinkongruent. Diese affektiven Störungen sind Zeichen der schizophrenen Desintegration, d.h. die Einheit des Erlebens, die Zusammengehörigkeit von inneren Befinden und Ausdruck, ist gestört. (ebd.)

Angst bestimmt besonders häufig das Erleben Schizophrener, sie wird vielfach vom Wahnerleben bestimmt, vor allem im Verfolgungswahn. Die Angst behindert Annährung an andere, sie steht auch hinter der Erregung und Aggressivität, die manchmal bei den Betroffenen vorkommt. In akuten Stadien der Krankheit fehlt die Angst praktisch nie. (ebd.)

Depressive Verstimmungen sind bei Schizophrenen häufig und uneinheitlich. (ebd.)

Prodomalphase

Unter den zehn häufigsten ersten Zeichen der Schizophrenie befindet sich kein positives Symptom wie Wahn, Halluzination oder Denkstörung. Es treten hier vielmehr affektive und negative Symptome auf. Die affektiven Symptome in der Prodomalphase sind Depressivität, Sorgen, mangelndes Selbstvertrauen und Angst. Denk- und Konzentrationsstörungen, Energieverlust, Verlangsamung, Verschlechterung des Arbeitsverhalten und sozialer Rückzug treten als die erste negative Symptome auf und sind bereits erste Hinweise auf kognitive und soziale Beeinträchtigung. (ebd.)

Bei den zehn häufigsten ersten positiven Symptomen stehen Wahnsymptome an erster Stelle, am häufigsten Beziehungs- und Vefolgungswahn. Später folgen Denkstörungen und Halluzinationen. Dem ersten Auftreten der positiven Symptome geht eine Art missgestimmte (dysphorische) Phase mit Reizbarkeit, Libidoverlust, Appetit-, Schlaf-, und Bewegungsstörungen voraus. (ebd.)

Depressive Syndrome stellen also ein frühes Stadium der Entwicklung dar, mit der weiteren Zunahme folgen funktionelle Beeinträchtigungen und Psychose. (ebd.)

Subtypen der Schizophrenie

Paranoid

Die paranoide Form der Schizophrenie ist im westlichen Kulturkreis die häufigste. Hierbei sind Denken und Wahrnehmen betroffen, die typischen Symptome sind Verfolgungswahn und Halluzination, wie sie oben nach Häfner (2000) beschrieben werden.

Kataton

Katatone Symptome bezeichnen Störungen der Motorik und des Antriebs.

Wenn sich der Betroffene kaum noch oder gar nicht mehr bewegt, wird von Stupor gesprochen. Im Stupor ist der Betroffene bewusstseinsklar und wach. Er ist sogar in besonderem Maße beeindruckbar und nimmt die Vorgänge seiner Umwelt mit ungewöhnlicher Empfindsamkeit war, kann sich aber nicht an ihnen beteiligen. Aus nachträglichen Schilderungen von Betroffenen ist zu erfahren, dass Angst, Wahn und Halluzination im Stupor besonders quälend sind. Wenn sich hierbei die Körperteile der Person in beliebige, auch unbequeme Stellungen bringen lassen und sie dann darin länger verharrt, als es dem Gesunden möglich ist, wird von Katalepsie gesprochen. Mutismus bezeichnet ein Symptom, bei dem die Person aufhört zu sprechen. (Tölle 1999)

Andererseits bezeichnen katatone Erregungszustände psychomotorische Unruhe und Erregung: Die Betroffenen sind ständig in Bewegung, laufen hin und her, machen Kniebeugen und andere Turnübungen. Sie können auch aggressiv werden, d.h. sie zerstören, was ihnen in die Hände kommt, greifen andere an oder verletzen sich selbst. (Tölle 1999)

Katatone Hyperkinesen sind Bewegungsstereotypien, die meistens eine rhythmischen Ablauf haben. Typische Beispiele sind Klopfen mit den Fingern, Klatschen der Hände, Nicken des Kopfes, Wippen des Fußes oder stereotypes Gehen. Es gibt auch Stereotypen der Sprache, hierbei werden einzelne sinnlos wirkende Worte oder Sätze wiederholt. Wenn Schizophrene immer wieder und anhaltend gewisse Posen einnehmen, wird es Manieriertheit genannt. (Tölle 1999)

Von Sperrung wird gesprochen, wenn die betroffene Person eine Handlungen, z.B. die Hand zur Begrüßung ausstecken, mitten in ihrer Bewegung innehält. Negativismus bezeichnet ein Verhalten, bei dem die Person immer das Gegenteil von dem tut, was von ihr erwartet wird. Wenn sie hingegen alles willenlos und kritiklos ausführt, wird von Befehlsautomatie gesprochen. Echopraxie wird das Nachahmen von Bewegungen genannt, Echoalie das Nachsprechen. (Tölle 1999)

Die katatonen Symptome sind heutzutage seltener und milder geworden, sie waren offensichtlich auch durch die ungünstigen Lebensumstände, insbesondere Hospitalisierung, der Betroffenen mitbedingt. (Tölle 1999)

Hebephren

Diese Form der Schizophrenie wird auch desorganisierter Typus genannt und bezeichnet eine Form, die meistens chronisch verläuft. Wenn sie in der Adoleszenz einsetzt, tritt selten eine Remission auf. Die betroffene Person zeigt eine schwere Desorganisation der emotionalen Reaktionen, der Sprache und des sozialen Verhaltens. Der Affekt ist abgestumpft, nicht angemessen und oft albern. Die Sprache kann so zusammenhangslos, voll ungewöhnlicher Worte und unvollständiger Sätze sein, dass die Kommunikation mit anderen zusammenbricht. Die Wahnvorstellungen sind desorganisiert, nicht zusammenhängend um ein Thema aufgebaut. Der Patient zieht sich extrem zurück, hypochondrische Beschwerden sind häufig und es können ungewöhnliche, seltsame und kindische Manieriertheiten auftreten. (Zimbardo 1999)

Schizophrenia simplex

Der Beginn dieser Verlaufsform ist fast unmerklich und verläuft undramatisch. Die Grundsymptome der Schizophrenie entwickeln sich allmählich und anfangs für die Umgebung kaum spürbar. Es treten keine akuten Syndrome mit paranoid-halluzinatorischer oder katatoner Symptomatik auf. Im Laufe vieler Jahre büßen die Vetroffenen allmählich an Vitalität und Dynamik ein. Schließlich fallen sie auf, wenn die beruflichen Leistungen durch Mangel an Initiative und Schwunglosigkeit nachlassen. Die mitmenschlichen Beziehungen verkümmern und die Betroffenen können autistisch werden. Diese Form verläuft langsam fortschreitend und führt meistens zu Residuen. (Tölle 1999)

 

Literatur:

Häfner, H. (2000). Das Rätsel Schizophrenie : eine Krankheit wird entschlüsselt. München.
Tölle, R. (1999). Psychiatrie (12. Auflage). Berlin Heidelberg.
Zimbardo, P. G. (1999). Psychologie (7., neu übersetzte und bearbeitete Auflage).Berlin.Heidelberg.

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